16. Januar 2025, 12:15 Uhr
Foto: UHH/Schell
Spannung ist ein zentrales Phänomen der Unterhaltungsliteratur, das die Literaturwissenschaft aufgrund seines psychologischen und rezeptionsästhetischen Charakters vor Herausforderungen stellt. Der Vortrag untersucht, wie Spannungsphänomene computergestützt operationalisiert werden können, mit einem methodologischen und empirischen Erkenntnisziel. Methodologisch wird der Begriff der Suspense analysiert und für quantitative Analysen aufbereitet. Im Zentrum dieser Operationalisierung steht die Identifikation von Gefahrensituationen. Empirisch werden zwei Fragen adressiert: Erstens, ob Spannungserzählen in Form des Cliffhangers im Prosamarkts des 19. Jahrhunderts ein Effekt der Serialisierung ist; ob Spannung also – mit der Durchsetzung periodisch erscheinender Medienformate – als ein Effekt der Umstellung von der Publikation ganzer Texte zu deren Veröffentlichung in getrennten Einzelfolgen auftritt. Zweitens, und mit einem Blick auf das 20. Jahrhundert, wird gezeigt, dass die Unterscheidung zwischen weiblich adressierten Liebesromanen und männlich adressierten Action-, Krimi-, Western- und Science-Fiction-Genres im Feld der sogenannten Trivialliteratur durch Unterschiede im Spannungserzählen erklärbar ist. Der Vortrag zeigt so, wie wichtig die Verbindung literaturtheoretischer Reflexion mit empirischen Analysen ist, und stellt zugleich das Potenzial der Computational Literary Studies für die Klärung literaturhistorischer Fragestellungen heraus.
donnerstags 12:15 – 13:45 Uhr, Philosophenturm, Von-Melle-Park 6, Hörsaal F