17. April 2024, 18:00 Uhr
Foto: Janina Kriszio
2024 nimmt das bereits seit Längerem angekündigte Organspende-Register seinen Betrieb auf. Jede Person, die dazu fähig ist, soll dort ihre Entscheidung zu Organ- und Gewebespende festhalten können. Das Register hat eine lange gesellschaftspolitische Vorgeschichte, die sich immer wieder an der Frage entfacht, ob auch in Deutschland eine Regelung eingeführt werden sollte, die alle zur Organspender*innen macht. Die vorwiegend positive Rahmung des Transplantationsvorgangs als "Spende" von Organen und Akt der Hilfeleistung wird dabei kontrovers mit dem Bedürfnis nach der Unversehrtheit des Körpers verhandelt und kumuliert häufig in der Frage nach der Legitimation des Zugriffs auf die Körper der anderen.
Der Vortrag möchte ausgehend von empirischem Material zur Organspende einen Blick auf Geschichte(n) des Organspendeausweises werfen, mit dem die Frage nach der Möglichkeit der Organspende über die private, medizinische Entscheidung hinaus auch zu einer gesellschaftspolitischen Frage wird. Zudem soll gezeigt werden, dass die scheinbar unscheinbare kleine Karte eine wichtige Rolle dabei spielt, wie sich Organspende jenseits von Operationssälen und Intensivstationen als gesellschaftliche Praxis im Umgang mit dem Körper etabliert und wie die noch vergleichsweise junge Möglichkeit, Körperteile zu transplantieren auch jenseits medizinischer Expertise vorgestellt und kulturell eingebettet wird.
Annerose Böhrer ist seit 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Der Fokus ihrer Forschung liegt auf Materialität, Metaphern und Praktiken, die sie bereits im Zusammenhang mit Organspende und sozialen Dynamiken der Pandemie analysiert hat. Sie experimentiert zudem an den Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft, insbesondere im Bereich Illustration, Augmented Reality und Theater.
mittwochs 18:00 – 19:30 Uhr, Medizinhistorisches Museum Hamburg, Fritz-Schumacher-Haus (N30), Martinistr. 52, Hörsaal