28. Januar 2026, 17:00 Uhr

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Die Lebensmittelsensorik wird oft als die Wissenschaft von der Wahrnehmung der Lebensmittel bezeichnet. Psychophysik und Psychophysiologie waren historisch wohl die ersten Sensorik-Disziplinen. Auch die Erforschung der physiologischen Grundlagen sensorischer Wahrnehmungen läuft seit vielen Jahrzehnten. Tests zum Auffinden sensorischer Unterschiede wurden schon früh in vielen Varianten entwickelt sowie auch Testmethoden zur objektivierten Beschreibung sensorischer Merkmale. Da Essen ein zeitlich verlaufender Prozess ist, wurden auch Methoden etabliert, die den zeitlichen Verlauf sensorischer Eindrücke abbilden. Für Lebensmittelproduzenten ist es wichtig zu wissen, warum manche Lebensmittel gemocht, die anderen aber abgelehnt werden. Dazu gibt es seit vielen Jahren einen Methodenkomplex, bei dem die hedonischen Empfindungen von Konsument*innen mit analytischen sensorischen Methoden verknüpft werden. Methoden der Praxis sollen möglichst rasch und kostensparend aussagekräftige Ergebnisse liefern sollen, und dafür wurden valide Schnellmethoden entwickelt.
Ein grundsätzliches Problem der Messung sensorischer Wahrnehmungen ist, dass man auf Testpersonen-Selbstauskünfte angewiesen ist, die aber stark verzerrt sein können z.B. durch soziale Erwünschtheit, Erinnerungsverzerrungen oder die zufällige Stimmung während des Tests. Daher versucht man, Methoden zu entwickeln, die das Frage-Antwort-Spiel vermeiden durch reine Beobachtung der Testpersonen oder die Messung ihrer unwillkürlichen physiologischen Reaktionen.
Methoden sind Werkzeuge, mit denen man eine bestimmte Frage beantworten kann. Die zentrale Frage beim Einsatz der Sensorik lautet : Warum ernähren sich Menschen so, wie sie das tun, und wie kann man dieses Verhalten in eine Richtung verändern, die eine Verbesserung in den Bereichen Gesundheit, Ethik, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit mit sich bringt?
Was und wie wir essen/trinken, wird von sensorischen Wahrnehmungen stark beeinflusst, aber sie allein erklären unser Ernährungsverhalten nicht vollständig. Sie sind nur ein Teil eines komplexen Systems zur Steuerung des Ernährungsverhaltens. Emotionen, Erinnerungen, Erwartungen und Bedeutungen, die wir Lebensmitteln und Wahrnehmungen zuweisen, sind weitere wichtige Faktoren. Auch die Ess-Situation ist einflussreich und daher untersucht man sytematisch das Erleben und Verhalten von Menschen in unterschiedlichen ernährungsrelevanten Situationen wie der Gastronomie, dem Supermarkt, oder der kulturellen, sozioökonomischen und altersbezogenen Situation. Um das menschliche Ernährungsverhalten verstehen zu können, braucht man die ganzheitliche Wissenschaft vom Erleben und Verhalten von Menschen: die Psychologie. Die Sensorik ist eine Teildisziplin der Psychologie.
mittwochs, 17:00 - 18:00 Uhr, Martin-Luther-King-Platz 6, Hörsaal B